SOS Mitmensch übermittelt Studie über FPÖ-Antisemitismusförderung an Kurz und Brauneder
SOS Mitmensch hat seine aktuelle Studie über die Förderung von Antisemitismus durch die FPÖ an Bundeskanzler Sebastian Kurz und den Leiter der FPÖ-Aufarbeitungskommission, Wilhelm Brauneder, übermittelt. Brauneder finde allerdings selbst in der Studie Erwähnung, da er als Leserbriefschreiber an das antisemitische Magazin „Aula“ aufgetreten sei, so SOS Mitmensch.
„Die Studie zeigt, dass Bundeskanzler Kurz einen Regierungspakt mit Personen geschlossen hat, die seit Jahren Antisemitismus fördern und mitfinanzieren. Dieser Machtgewinn für Antisemitismusförderer ist ein gefährlicher Rückschritt und widerspricht den Aussagen des Bundeskanzlers in Punkto Kampf gegen Antisemitismus“, so Alexander Pollak Sprecher von SOS Mitmensch.
Laut Pollak drohe Kurz in das Gravitationsfeld der von der FPÖ unterstützten antisemitischen Kreise zu geraten. „In FPÖ-nahen antisemitischen und rassistischen Publikationen wird seit kurzem nicht mehr nur die FPÖ, sondern die gesamte Bundesregierung bejubelt. Eine solche Anbiederung durch antisemitische Kreise sollte sich ein Bundeskanzler, der nicht in den antisemitischen Sumpf mit hineingezogen werden will, mit deutlichen Worten verbitten", so Pollak.
Lobeshymnen auf die neue Bundesregierung in der aktuellen Ausgabe der antisemitischen und rassistischen "Aula"
Hintergrund: Eine von SOS Mitmensch kürzlich präsentierte Studie belegt, dass von Seiten der FPÖ hohe Geldbeträge in Richtung Förderung der Verbreitung von Antisemitismus geflossen sind. Im Fokus der Studie steht das rechtsextreme Burschenschafter- und FPÖ-Leitmedium „Aula“. Mindestens 130 Inserate seien im Zeitraum 2008 bis 2017 von der FPÖ in der „Aula“ geschalten worden, so SOS Mitmensch. Mit diesen Inseraten sei vermutlich ein sechsstelliger Geldbetrag an das antisemitische und rassistische Magazin geflossen. Darüber hinaus hätten 45 teils hochrangige FPÖ-PolitikerInnen das Magazin mit Artikeln, Interviews, Leserbriefen, Gratulationsschreiben und Werbefotos beliefert, darunter der heutige Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Verkehrsminister Norbert Hofer, Verteidigungsminister Mario Kunasek, Klubobmann Johann Gudenus, Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner und Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller.
Leserbrief von Wilhelm Brauneder an die rechtsextreme "Aula", Juni 2008
Im Juni 2008 verfasste der ehemalige Nationalratspräsident und jetzige Leiter der FPÖ-Aufarbeitungskommission, Wilhelm Brauneder, einen Leserbrief an die antisemitische „Aula“. Brauneder kommentierte darin eine Buchrezension, die sich mit dem „Mief des heutigen Universitätsbetriebs“ auseinandersetzt. Das betreffende Buch wurde von einem Vertreter der neonazistischen NPD verfasst. Doch darüber verliert Brauneder kein Wort der Kritik.
--> Studie zur FPÖ-Unterstützung für Antisemitismus zum Herunterladen
--> Antisemitismus-Gutachten zur rechtsextremen "Aula" von Dr. Juliane Wetzel zum Herunterladen
Grafik: FPO-Engagement in der antisemitischen „Aula“, 2008 bis 2017: 130 Inserate, 139 Beiträge, 52 Interviews von FPÖ-PolitikerInnen
Hohe FPÖ-Geldbeträge an antisemitisches Magazin
Im Fokus der FPÖ-Antisemitismus-Studie von SOS Mitmensch steht das rechtsextreme Burschenschafter- und FPÖ-Leitmedium „Aula“. Mindestens 130 Inserate seien im Zeitraum 2008 bis 2017 von der FPÖ in der „Aula“ geschalten worden. Mit diesen Inseraten sei von Seiten der FPÖ vermutlich ein sechsstelliger Geldbetrag an die „Aula“ und damit auch an die Verbreitung von Antisemitismus, Rassismus und Neonazisympathien geflossen, so SOS Mitmensch.
Huldigungsschreiben von Strache an die antisemitische "Aula"
Omnipräsenz der FPÖ-Spitze in der antisemitischen "Aula"
Darüber hinaus hätten mindestens 45 teils hochrangige Politikerinnen und Politiker der FPÖ das Magazin mit Artikeln, Interviews, Leserbriefen, Gratulationsschreiben und Werbefotos beliefert, darunter der heutige Vizekanzler Heinz-Christian Strache, Verkehrsminister Norbert Hofer, Verteidigungsminister Mario Kunasek, Klubobmann Johann Gudenus, Vize-Landeshauptmann Manfred Haimbuchner und Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller.
FPÖ-Inserat direkt unter antisemitischem Beitrag eines Vertreters der neonazistischen NPD
Antisemitische Stereotype bis hin zu Verschwörungstheorien
Den zutiefst antisemitischen Charakter der „Aula“ bestätigt eine Analyse der renommierten Historikerin und Antisemitismusforscherin Dr. Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin. Wetzel betont in ihrer Analyse, dass „Aula“-Artikel „immer wieder antisemitische Stereotype bis hin zu Verschwörungstheorien bedienen“. Zu einem großen Teil handle es sich dabei „um Ressentiments aus dem Spektrum des sekundären Antisemitismus, also jenen Formen, die eine Verdrängung der Vergangenheit implizieren und/oder „den Juden“ die Schuld geben, dass die Erinnerung an den Holocaust ständig präsent sei“, so Wetzel. Auch Formen des israelbezogenen Antisemitismus würden in einzelnen „Aula“-Beiträgen immer wieder durchscheinen, erklärt die Antisemitismusforscherin.
Antisemitismus und Verschwörungstheorien in der von der FPÖ unterstützten und beklatschten "Aula"
„Judaisierung der Welt“
„Unsere Studie und die Analyse von Dr. Wetzel zeigen, dass Antisemitismus ein tragendes Element in der von der FPÖ mitfinanzierten „Aula“ ist. In Artikeln wird wiederholt von der „Judaisierung der Welt“ gesprochen und die Frage aufgeworfen, ob die „jüdische Weltherrschaft“ nur noch „eine Frage der Zeit“ sei. Der Holocaust wird oftmals nur unter Anführungszeichen geschrieben. Holocaustleugnern werden Huldigungsbeiträge gewidmet und Nazigrößen werden verehrt, wohingegen KZ-Überlebende verunglimpft werden“, so SOS Mitmensch-Sprecher Pollak.
Von FPÖ mitfinanzierte antisemitische "Aula" verleumdet und verunglimft KZ-Überlebende als "Landplage" und "Massenmörder"
Antisemitische Anspielungen und antisemitische Codes
Zur historischen Verankerung von Antisemitismus in der FPÖ sagt die Historikerin Dr. Brigitte Bailer-Galanda: „Offener Antisemitismus spielte in der offiziellen freiheitlichen Agitation gegenüber MigrantInnenfeindlichkeit zwar eine untergeordnete Rolle, wurde aber immer wieder durch antisemitische Anspielungen und die Benutzung antisemitischer Codes sichtbar. In unteren Funktionärsrängen und insbesondere in der breiten Anhängerschaft ist Antisemitismus jedoch nach wie vor in besonderer Weise präsent ebenso wie im publizistischen und organisatorischen Umfeld der FPÖ. In diesem Zusammenhang sind auch die schlagenden Burschenschaften zu erwähnen, die bis tief in die Zweite Republik nur „arischen“ Männern die Ehre der Satisfaktionsfähigkeit zusprachen.“
"Aula" gratuliert dem Holocaustleugner David Irving
Erschreckendes FPÖ-System
„Das FPÖ-System der Förderung und Finanzierung der Verbreitung von Antisemitismus ist umso erschreckender, als die Parteiführung in den vergangenen Jahren mehrfach auf den rechtsextremen, antisemitischen, rassistischen und neonazinahen Charakter der „Aula“ hingewiesen wurde. Doch das hat der engen Beziehung zur „Aula“ keinen Abbruch getan, im Gegenteil, die Unterstützung wurde unbeirrt fortgesetzt und zwischenzeitlich sogar intensiviert“, ist Pollak empört.
Von FPÖ mitfinanzierte "Aula" warnt vor der "Rückkehr des Jüdischen"
Bis heute kein Bruch der FPÖ mit Antisemitismus
Erst im Jahr 2017, als eine mögliche Beteiligung der FPÖ an der Bundesregierung absehbar wurde, seien aus taktischen Gründen Inseratenschaltungen und Beiträge in der „Aula“ schrittweise heruntergefahren worden, um die enge Verflechtung zwischen FPÖ-Parteiführung und „Aula“ unter die Oberfläche zu kehren, so Pollak. Eine Distanzierung von der „Aula“ oder gar ein Bruch mit den rechtsextremen und neonazinahen Kreisen, die das Magazin herausgeben, sei von Seiten der FPÖ jedoch nach wie vor nicht erfolgt, erklärt Pollak.
FPÖ-Parteispitze bejubelt die "Aula" und lässt sich gerne von dem antisemitischen, rassistischen und neonazinahen Magazin bejubeln
Märchen vom "Einzelfall" widerlegt
Der SOS Mitmensch-Sprecher betont, dass die von der Studie ans Tageslicht beförderten Fakten nur mit Nähe der FPÖ-Parteiführung zu antisemitischem Gedankengut erklärbar seien. „Niemand, der sich nicht in gewissem Ausmaß mit Antisemitismus identifiziert, würde massenweise Inserate in der „Aula“ schalten und Huldigungsschreiben an das antisemitische Magazin richten, wie es etwa FPÖ-Obmann Strache getan hat. Die Aussagen von Strache, wonach Antisemitismus in der FPÖ nicht vorhanden oder nur ein Einzelfall sei, werden durch die Studie krass widerlegt“, so Pollak, der auch Handlungsbedarf auf Seiten der ÖVP sieht, denn ein Regierungspakt mit Antisemitismusförderern sei keine harmlose Sache.
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