25 Jahre SOS Mitmensch: 50 Erfolge seit dem Lichtermeer
SOS Mitmensch präsentiert 50 Meilensteine und Erfolge, die gemeinsam mit vielen weiteren AkteurInnen der Zivilgesellschaft seit dem Lichtermeer am 23. Jänner 1993 errungen werden konnten. Die Erfolge zeigen wie wichtig der Einsatz und die Impulse einer starken, lebendigen und couragierten Menschenrechts-Zivilgesellschaft für Österreich sind!
--> Broschüre Meilensteine und Erfolge von SOS Mitmensch
Gründung am 10. Dezember 1992
Die Gründung von SOS Mitmensch erfolgt im Jahr 1992 als Reaktion auf den neu aufkeimenden Rassismus und Fremdenhass in Österreich und das von der FPÖ geplante Anti-Ausländer-Volksbegehren. Das erste Treffen findet im Haus von André Heller statt. Mit dabei sind (neben Heller) Friedrun und Peter Huemer, Willi Resetarits, Josef Haslinger, Helmut Schüller und Rudolf Scholten. Dazu André Heller: „Damals gab es ein paar Bürger, die Lust hatten, sich dem entgegen zu stellen, was sich da an Bewusstseinsverrottung, Menschenverachtung, Niedertracht, Gemeinheit gerade breit gemacht hat. Das war der Geburtsmoment von SOS Mitmensch.“ Ab November 1992 werden in verschiedenen Gesprächsrunden Planungen für die Durchführung eines „Lichtermeers“ aufgenommen. SOS Mitmensch wird am 10. Dezember 1992, dem Tag der Menschenrechte, als Verein gegründet. Der Name SOS Mitmensch ist eine Mischung aus dem Namen der französischen Bewegung "SOS Racisme" und dem Motto "Mitmenschlichkeit zuerst". Der Initiative von SOS Mitmensch gegen das Anti-Ausländer-Volksbegehren schließen sich KünstIerInnen, Intellektuelle, GewerkschafterInnen und KirchenvertreterInnen und schlussendlich mehrere hunderttausend Menschen an.
Mythos Lichtermeer am 23. Jänner 1993
Das „Lichtermeer“ ist bis heute die größte Kundgebung der Zweiten Republik. Am 23. Jänner versammeln sich allein in Wien bis zu 300.000 Menschen, um gegen Fremdenfeindlichkeit und gesellschaftliche Spaltung zu demonstrieren. Der Heldenplatz, der einstige Triumphort des Nationalsozialismus, ist von Kerzen und Fackeln hell erleuchtet. Josef Haslinger: „Das Land war reif für eine solche Initiative, dass diesem Wahnsinn endlich jemand entgegen tritt. Wir hatten zuerst jahrelang nationalsozialistische Verharmlosung und als nächsten Schritt Ausländerfeindlichkeit und eine schreckliche Flüchtlingspolitik. Die Zeit war reif.“ Auch in den Bundesländern finden große Demonstrationen statt. Der Zuspruch der Bevölkerung zum Lichtermeer übertrifft alle Erwartungen, das Volksbegehren der FPÖ findet hingegen weniger UnterzeichnerInnen als erwartet.
Licht ins Dunkel der Schubhaft, 1993
Unmittelbar nach dem Lichtermeer nimmt SOS Mitmensch die Arbeit auf. Ein wichtiger Fokus dabei ist der Kampf gegen Verschärfungen des Asyl- und Fremdenrechts. Mit der Kampagne „Licht ins Dunkel der Schubhaft“ wird ein Schwerpunkt gelegt, der die Organisation noch heute begleitet.
UN Konferenz Menschenrechte, 1993
Im Juni 1993 halten in Wien die Vereinten Nationen die zweite Weltkonferenz für Menschenrechte ab. SOS Mitmensch beteiligt sich an der Durchführung einer Programmschiene für die mehr als 1.500 teilnehmenden NGOs. Die rege Teilnahme der Zivilgesellschaft wird als wesentlicher Faktor für das Gelingen der Konferenz gesehen.
Verhinderung von Abschiebungen durch „Notruf Asyl“, 1994
Angesichts immer neuer Anläufe der SPÖ-ÖVP-Regierung zur Verschärfung des Asylrechts aktiviert SOS Mitmensch die Kontakte zu Persönlichkeiten, um den Verschärfungskreislauf zu durchbrechen. Hinter den Kulissen versucht Josef Haslinger, Schriftsteller und erster Vorsitzender von SOS Mitmensch, Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) Zugeständnisse abzuringen. Auch die Öffentlichkeit wird mobilisiert, etwa in regelmäßigen Käfiglesungen, bei denen Kabarettisten wie Josef Hader aus Asylbescheiden lesen. Gemeinsam mit Amnesty International etabliert SOS Mitmensch die Urgent-Action-Plattform „Notruf Asyl“, ein Netzwerk von Einzelpersonen, Initiativen und Gemeinden, die bei rechtswidriger Abschiebung Protestfaxe an das Innenministerium senden. So können mehrere dutzend Abschiebungen verhindert werden. In der Fremdengesetzesnovelle 1995 unter Innenminister Caspar Einem (SPÖ) schimmerte dann schwach der Geist des Lichtermeers durch: Familienzusammenführung und Aufenthaltsverfestigung werden erstmals gesetzlich verankert.
Mitgründung der Armutskonferenz, 1995
Unter dem Vorsitz von Martin Schenk wird Armut zu einem Schwerpunktthema von SOS Mitmensch. SOS Mitmensch gründet die Armutskonferenz mit. Dies ist ein Zusammenschluss von Organisationen und Initiativen, die sich mit Armut beschäftigen. Ziel ist es, Hintergründe und Ursachen sowie Fakten, Strategien und Maßnahmen zu und gegen Armut in Österreich zu eruieren und zu thematisieren. Heute ist die Armutskonferenz hoch aktiv und das Armutsthema fest in der Öffentlichkeit etabliert.
Friedensflotte Mirno More, 1995
SOS Mitmensch betreibt Menschenrechtsarbeit aus einer zivilgesellschaftlichen Perspektive. Eine zentrale Frage besteht daher in der Stärkung der Zivilgesellschaft. 1995 baut SOS Mitmensch das Projekt Mirno More (Friedensflotte) von Christian Winkler mit auf und unterstützt es für mehrere Jahre mit Infrastruktur, Beratung und Ressourcen. Mirno More bringt österreichische Flüchtlingskinder aus Bosnien, Kroatien, Serbien für einige Wochen auf einer Segelflotte im Mittelmeer zusammen.
Strategien für Asyl in Europa, 1996
Nach dem EU-Beitritt Österreichs zeichnet sich eine zunehmende Europäisierung des Asylrechts ab. Diese macht eine Neuausrichtung der Arbeit von Flüchtlingsorganisationen erforderlich. Im Schloss Willhelminenberg veranstaltet SOS Mitmensch mit Unterstützung des UNHCR die internationale Konferenz „Asyl in Europa“. ExpertInnen aus ganz Europa machen eine internationale Bestandsaufnahme und Flüchtlingsorganisationen entwickeln gemeinsame Strategien.
Koordinierung des EU-Jahres gegen Rassismus, 1997
1997 koordiniert SOS Mitmensch das EU-Jahr gegen Rassismus. Nikolaus Kunrath, damaliger Generalsekretär von SOS Mitmensch, wird zum Vorsitzenden des EU-Jahres in Österreich gewählt.
Eindämmung rassistischer Polizeigewalt, 1999
Am 1. Mai 1999 wird Marcus Omofuma von drei Polizisten auf fahrlässige Weise bei seiner Abschiebung getötet. SOS Mitmensch ist die erste NGO, die öffentlich Protest einlegt, Aufklärung betreibt und den Rücktritt von Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) fordert. Martin Schenk, ehemaliger Obmann von SOS Mitmensch, bringt den Innenminister weiter unter Druck, als er den Inhalt eines Gesprächs mit dem Innenminister veröffentlicht, in dem er diesen bereits vorab vor den möglichen Folgen von Knebelung von Abzuschiebenden gewarnt hat. Neben den Protesten etablierter NGOs, nährt das Mauern des Innenministers auch den Zulauf zu den antirassistischen Aktivitäten der sich gerade formierenden Schwarzen Community. Das Innenministerium lanciert in Folge eine Kampagne, die von vielen als Kriminalisierungskampagne gegen Schwarze Menschen in Österreich gewertet wird, die so genannte „Operation Spring“. Es kommt zu hunderten Verhaftungen sowie zur Verurteilung von dutzenden Schwarzen zu langjährigen Strafen, zum Teil auf Basis von fragwürdigen Beweisen. Der Film „Operation Spring“, der sich diesem Umstand ausführlich widmet, wertet die Aktion als Justizskandal. SOS Mitmensch beauftragt den Wiener Anwalt Georg Zanger mit der Vertretung der Tochter von Marcus Omofuma als Privatbeteiligte (pro bono). Später übernimmt Gabriel Lansky die Vertretung. Es kommt zu einer (milden) Verurteilung der Polizisten wegen fahrlässiger Tötung. Unmittelbar nach dem Tod kann SOS Mitmensch Angehörige von Omofuma ausfindig machen und nach Wien holen, damit sie ihren Sohn nach Nigeria überführen können. Außenminister Wolfgang Schüssel veranlasst, dass die Republik die Kosten für Reise und Überführung übernimmt.
Einsetzung des Menschenrechtsbeirates, 1999
SOS Mitmensch hat sowohl zur Klärung der politischen Verantwortung für die Tötung Marcus Omofumas als auch zur Durchsetzung der gerichtlichen Verfolgung der Täter beigetragen. Darüber hinaus kommt es durch die Einsetzung des Menschenrechtsbeirates zu einer besseren Beobachtung der Polizeiarbeit. Dennoch gibt es noch immer rassistische Praktiken im Bereich der Polizei, etwa das so genannte „Racial Profiling“.
Unterstützung von Ute Bock, 1999
Im Jahr 1999 wird Ute Bock von der Stadt Wien mit einem Disziplinarverfahren als Leiterin des Gesellenheims Zohmanngasse abgesetzt, weil sie vorschriftswidrig Jugendliche aus Drittstaaten - vor allem Schwarze - untergebracht hat. Frau Bock bringt zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere dutzende Jugendliche in privat finanzierten Wohnungen unter. SOS Mitmensch ruft zur Absicherung dieser Arbeit und der Wiederherstellung des Rufs von Frau Bock den „Ute Bock-Preis für Zivilcourage“ ins Leben und zeichnet die Namensgeberin 1999 im Wiener Rathaus als erste Trägerin aus. Ab 2001 übernimmt SOS Mitmensch die Patenschaft für das Wohnprojekt von Ute Bock, die mittlerweile 200 Personen versorgt und stellt die Finanzierung von zwei Wohnungen sicher. Mit einem Personenkomitee lanciert SOS Mitmensch im Juni 2003 die Kampagne „Bock auf Bier“. 70 Lokale in Wien spenden 10 Cent pro getrunkenem Bier für die Arbeit von Frau Bock. Im Herbst folgt „Bock auf Kultur“, eine Veranstaltungsreihe zu ihren Gunsten. Insgesamt werden so 90.000 Euro aufgebracht und Frau Bocks Arbeit gestärkt. Im Herbst 2003 übersiedelte Frau Bock in das Menschenrechtszentrum „Dock“ von SOS Mitmensch, um gemeinsam ein niederschwelliges Beratungszentrum für Drittstaatsangehörige aufzubauen, die von staatlichen Einrichtungen im Stich gelassen werden. Bis zu 400 Personen werden in Wohnungen untergebracht, ein Postservice für Geflüchtete ohne festen Wohnsitz aufgebaut sowie Rechtsberatung und Deutschkurse organisiert. Bevor Frau Bock im Jänner 2006 ein eigenes Quartier im zweiten Bezirk bezieht, hilft SOS Mitmensch noch Vereinsstrukturen zu etablieren. Heute arbeitet der Verein Ute Bock durch finanzielle Unterstützung des Bauunternehmers Hans-Peter Haselsteiner wieder in der Zohmanngasse und stellt die wichtigste niederschwellige Einrichtung für Drittstaatsangehörige in Wien dar.
Zivilcourage vielfach gestärkt und ausgezeichnet, seit 1999
Ute Bock war die erste Preisträgerin des nach ihr benannten Zivilcourage-Preises von SOS Mitmensch. Seitdem wurden zahlreiche Personen und Initiativen, die Zivilcourage und außergewöhnlichen Einsatz für Menschen und Menschenrechte zeigen, geehrt und ihnen der Rücken gestärkt. Dazu zählen: Gertrude Hennefeld, Vinzipfarrer Wolfgang Pucher, der Sozialarbeiter Bülent Öztöplu, die Plattform Gerechtigkeit für Seibane Wague, LEFÖ, Ehe ohne Grenzen, die Bleiberechtsplattform Oberösterreich, Elias Bierdel, fünf junge Anti-Abschiebe-AktivistInnen, der Polizist Uwe Sailer, die Refugees in der Votivkirche, Siegfried Stupnig, die Initiative „Flucht nach vorn“, die Initiative „Refugee Convoy“ und die Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann.
Keine Koalition mit dem Rassismus, 1999
40.000 Menschen demonstrieren am 12. November 1999 auf dem Wiener Stephansplatz unter dem Motto „Keine Koalition mit dem Rassismus“. Mehrere Redner/innen der „Demokratischen Offensive“, einem Zusammenschluss von SOS Mitmensch mit dem Republikanischen Club geben von der Bühne das Versprechen, dass „wir wieder kommen“, sollte es jemand wagen, sich mit der FPÖ einzulassen. Abschließend tanzen am Stephansplatz Zehntausende bis weit nach Mitternacht zu den Klängen der Weltstars Kruder & Dorfmeister. Ende Jänner, Anfang Februar wird bekannt, dass sich ÖVP-Obmann Schüssel mit FPÖ-Obmann Haider auf eine Koalition geeinigt hat. Per E-Mail mobilisiert SOS Mitmensch innerhalb von 48 Stunden für eine Kundgebung vor der ÖVP-Zentrale. Dem Aufruf folgen 20.000 Menschen. Am 19. Februar demonstrieren mehr als 200 000 Menschen am Heldenplatz („Wir sind Europa - Nein zur Koalition mit dem Rassismus“).
Zähmung von Schwarz-Blau I, 2000
Durch die breite Mobilisierung gegen die Regierungsbeteiligung einer rechtsextrem durchsetzten und den Nationalsozialismus immer wieder verharmlosenden Partei, kann der Handlungsspielraum der FPÖ unter Schwarz-Blau I erheblich eingeschränkt werden. Die „Demokratische Offensive“, die von SOS Mitmensch mitgetragen wird, bringt zum zweiten Mal in der Zweiten Republik mehrere hunderttausend Menschen auf die Straße. Schwarz-Blau musste unter anderem eine Präambel unterzeichnen und Entschädigungszahlungen für die Opfer des Nationalsozialismus beschließen.
Österreich für alle gleich, 2001
Nach den sehr kräfteraubenden Auseinandersetzungen mit Schwarz-Blau beschließt SOS Mitmensch, sich inhaltlich wieder verstärkt auf die Kernthemen zu konzentrieren. Um Qualität und Nachhaltigkeit der Arbeit zu steigern, bemüht sich SOS Mitmensch um eine Stärkung der Zivilgesellschaft. Vor allem beim European Network against Racism, der Integrationskonferenz oder der Plattform „Österreich für alle gleich“ nimmt SOS Mitmensch eine unterstützende bis tragende Rolle ein, ohne die Aktivitäten zu vereinnahmen. Programmatisch setzen diese Initiativen auf einen gleichheitsorientierten politischen Antirassismus, organisatorisch formieren sie sich als kooperative Allianzen zwischen migrantischen Selbstorganisationen und etablierten NGOs. Dies trägt zu einer Öffnung der NGOs gegenüber migrantischen Selbstorganisationen bei.
Existenzsicherung für Geflüchtete, 2002
Unter Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) spitzt sich die Betreuungskrise im Flüchtlingswesen zu. Rund ein Drittel der Asylsuchenden hat keinen festen Wohnsitz. SOS Mitmensch startet mit der Asylkoordination und anderen NGOs die Kampagne „Existenzsicherung für Flüchtlinge“. Es gelingt großen Druck auf den Minister aufzubauen, sodass dieser im Dezember 2003 nach tagelangen Protesten vor dem Innenministerium ankündigt, den internationalen Verpflichtungen nach zu kommen und allen Schutz- und Hilfsbedürftigen Betreuung zu gewähren.
Missstände in der Asylstelle Traiskirchen, 2003
Mit der 15a-Vereinbarung zur Flüchtlingsbetreuung kommt es auch zur Ausschreibung der Bundesbetreuung. Wie zuvor bei der Schubhaftbetreuung kommen keine unabhängigen NGOs zum Zug. Mit der Betreuung im größten Zentrum wird der deutsche Konzern European Homecare beauftragt. Gleichzeitig erlässt Innenminister Strasser eine Verordnung, die es „Unbefugten“ bei Strafe untersagt, Traiskirchen zu betreten. SOS Mitmensch wirbt für die Unterbringung in kleineren Einheiten. Trotz Klagsdrohungen von European Homecare schreckt SOS Mitmensch nicht davor zurück, immer wieder Missstände an die Öffentlichkeit zu bringen.
Kettenabschiebungen verhindert, 2004
Am 1. Mai 2004 tritt das neue Asylgesetz von Innenminister Strasser (ÖVP) in Kraft. SOS Mitmensch warnt vor der Gefahr von so genannten Kettenabschiebungen. Darunter wird die Abschiebung ins jeweilige Nachbarland verstanden – so lange, bis die/der Schutzsuchende im Herkunftsland landet, wo sie/er gefährdet ist. Im Juni und Juli werden erste Fälle bekannt, einige Abschiebungen können durch Mobilisierung der Öffentlichkeit verhindert werden. Die Bundesländer Wien und Oberösterreich bringen eine Klage beim VfGH ein. SOS Mitmensch gibt einen Appell heraus, in dem Menschen gesucht werden, die „von sich aus bereit sind, von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge vor den Behörden zu verstecken“, bis der VfGH die Regelung kippen kann. So können dutzende Menschen vor der Abschiebung bewahrt werden. Am 15. Oktober wird das Gesetz durch den VfGH aufgehoben.
Grundversorgung eingeführt, 2004
Ende 2003 wird die Grundversorgungsvereinbarung eingeführt. Am 1. Mai 2004 tritt sie in Kraft. Davor gab es keine klare gesetzliche Regelung für die Versorgung von Asylsuchenden. Seitdem kämpfen Hilfsorganisationen, allerdings auf verbesserter Grundlage, weiterhin dafür, dass Asylsuchende nicht unversorgt bleiben (während sie zugleich vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind).
Gründung von Mo(ment) - Magazin für Menschenrechte, 2004
Im Herbst 2004 wird die Nullnummer von MO - Magazin für Menschenrechte (vormals Moment) gedruckt. Das Menschenrechtsmagazin von SOS Mitmensch erscheint vierteljährlich und wird zunächst ausschließlich als Beilage zu einer Tageszeitung vertrieben, seit 2009 auch durch Straßenkolportage. Immer wieder inspiriert das Magazin auch größere Medien ein Thema aufzugreifen.
Rassismus streichen, 2005
Im Laufe des Jahres 2005 nehmen rassistische Beschmierungen an Wiens Hauswänden eklatant zu. HauseigentümerInnen und die Gemeinde Wien spielen den Ball der Verantwortung für die Entfernung der Beschmierungen hin und her. SOS Mitmensch setzt daraufhin die Internetplattform „rassismusstreichen.at“ auf, bei der Beschmierungen mit einem Mobiltelefon fotografiert, hochgeladen und so auf einem Stadtplan angezeigt werden können. Kooperationspartner ZARA urgiert dann die Entfernung. So kann die Verbreitung rassistischer Parolen in Wien massiv eingeschränkt werden.
Schubkraft für Ehe ohne Grenzen, 2006
Im Jänner 2006 tritt eine Selbsthilfegruppe binationaler Paare an die Öffentlichkeit. Sie nennen sich „Ehe ohne Grenzen“. SOS Mitmensch unterstützt die Gruppe mit Büroräumlichkeiten, Infrastruktur und Know-How. Jede Woche demonstriert die Gruppe vor dem Innenministerium, bis es endlich zu Gesprächen mit VertreterInnen des Innenministeriums kommt. Viele von Abschiebung bedrohte PartnerInnen werden infolgedessen mit einem Aufenthaltsrecht bedacht. Andere werden von ihren Familien getrennt. Besonders viel Aufsehen erregen Zou Youeying und ihr Mann Adolf Brichta. Als abgelehnte Asylwerberin muss sie trotz aufrechter Ehe nach China ausreisen, um von dort einen Aufenthaltsantrag zu stellen. Ein Spendenaufruf von SOS Mitmensch ermöglicht Herrn Brichta zu seiner Frau zu reisen, um die Formalitäten mit ihr zu erledigen. Doch der Antrag wird überraschend abgelehnt, eine Einstellungszusage nicht anerkannt. Später urteilt ein Gericht, dass die Voraussetzungen für eine Erteilung gegeben gewesen wären. Herr Brichta hält der Situation nicht stand, erleidet mehrere Nervenzusammenbrüche und muss seine Arbeit aufgeben. 2010 setzt die damalige Vorsitzende von SOS Mitmensch, Nadja Lorenz, nach vier Jahren Trennung die (vorläufige) Aufenthaltserlaubnis juristisch durch.
Bleiberechtsinitiative, ab 2006
Bereits in den Jahren 2006 und 2007 bemüht sich SOS Mitmensch, lokalen Initiativen, die sich gegen die Abschiebung von Menschen einsetzen, Öffentlichkeit zu verschaffen. Als sich 2008 in Oberösterreich eine regionale Plattform dieser Initiativen bildet (rund 50 Gruppen), kommt Schwung in die Angelegenheit. Bei einer Bleiberechtskonferenz schlägt SOS Mitmensch die Abhaltung eines Bleiberechtstages vor, um die vielen dezentralen Initiativen zu bündeln und sichtbar zu machen. Der 10. Oktober wird zum Tag des Bleiberechts erklärt. Mit der „Bleiberechts-Road-Show“ macht SOS Mitmensch an Wiener Plätzen halt, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen. Das Forum Asyl und die Plattform Bleiberecht halten eine Mobilisierungskonferenz ab, bei der „Sesselmeere“ für alle Landeshauptstädte geplant werden. Auch in Bezirkshauptstädten werden Aktionen durchgeführt. In der Folge kommt es im Parlament zum Beschluss eines „Bleiberechts-Gesetzes“. Auch wenn sich die Situation für hunderte Drittstaatsangehörige verbessert, bleibt es allerdings weit hinter den Forderungen der NGOs zurück. Am 12. März 2009 beschließt der Gesetzgeber ein Bleiberechtsverfahren, wodurch die Zuerkennung des Bleiberechts nicht mehr länger von einem Gnadenakt der/s Innenministers/in abhängig ist. Im Jahr 2014 tritt eine Fünfjahres-Regel für das Bleiberecht in Kraft, die an bestimmte Kriterien gebunden ist. Eine ausführliche Darstellung der Bleiberechtsbewegung in Österreich und die Rolle der Plattform Bleiberecht findet sich hier: http://phsblog.at/bleiberecht-bewegung/
Genug ist genug, 2010
Am 1. Juli demonstrieren 50.000 Menschen am Ballhausplatz gegen den Ausweisungsbescheid für Arigona Z. und ihre Familie. Der Publizist Robert Misik hat mit Unterstützung von SOS Mitmensch und der ÖH innerhalb weniger Tage ein Personenkomitee und eine Bühne aufgestellt. Im Herbst 2010 reist Arigona Z. mit einem Schülervisum wieder nach Österreich ein, die Mutter und die kleinen Geschwister folgen kurz darauf. Damit geht ein langer Kampf zu Ende, der mit ihrem Untertauchen am 27. September 2007 begann und sie zur Symbolfigur der Auswirkungen der restriktiven „Fremden“politik Österreichs machte.
Machen wir uns stark, 2010
Während des Wahlkampfes zur Wiener Gemeinderatswahl 2010 hält SOS Mitmensch gemeinsam mit dem Integrationshaus und M-Media eine Großkundgebung am Heldenplatz ab: Unter dem Titel „Machen wir uns stark“ demonstrieren Tausende für eine mutige Bildungspolitik, eine gerechte Verteilung des Wohlstands sowie eine menschliche Asylpolitik. Die Kundgebung ist in vielerlei Hinsicht innovativ und zukunftsweisend. „Machen wir uns stark“ stützt sich auf die Kraft der Vielen. Finanziert wird die Kundgebung durch mehr als 3 000 BürgerInnen. Bei der Veranstaltung präsentieren Initiativen und NGOs ihre Arbeit im Bildungs-, Sozial- und Beratungssektor.
WKR-Ball aus der Hofburg (kurzfristig) verbannt, 2012
Beim Ball des Wiener Kooperationsringes (WKR) in der Hofburg treffen sich seit Jahren Rechtsextreme aus ganz Europa und genießen den offiziellen Touch der repräsentativsten Räumlichkeiten der Republik. Die Aktionen gegen die Veranstaltung werden anfangs wesentlich von autonomen Gruppen getragen und werden von der Öffentlichkeit marginalisiert. Im Jahr 2012 fällt der WKR-Ball auf den Holocaust-Gedenktag. Die Verantwortlichen sind nicht bereit, den Termin zu verschieben. Das macht den Ball auch für viele Gruppen untragbar, die sich bislang nicht geäußert haben. Es kommt zur Bildung unterschiedlicher Bündnisse, die gegen den Ball mobilisieren. SOS Mitmensch beteiligt sich an der Gruppe „Jetzt Zeichen setzen“, der neben zahlreichen NGOs auch kirchliche Gruppen, SPÖ, Grüne und die israelitische Kultusgemeinde angehören. SOS Mitmensch tritt mit den Gesellschaftern der Hofburg-Betreibergesellschaft in Kontakt, worauf sich besonders die Casinos Austria eindeutig gegen den Ball deklarieren. In einer Gesellschafter-Sitzung wird der Beschluss gefasst, angesichts „der öffentlichen Aufmerksamkeit“ eine „Vertragsverlängerung“ mit dem Wiener Kooperationsring auszuschließen. Die Wiener FPÖ übernimmt daraufhin wenig später die Austragung des rechtsextrem durchsetzten Burschenschafterballs. Der Ball findet weiterhin in der Hofburg statt. Am 26. Jänner 2018 könnte die Vernetzungsveranstaltung der Rechtsextremen durch die Teilnahme von FPÖ-Ministern zu einem Staatsakt mutieren.
Rassistische Traditionen zurückgedrängt, 2012
Immer wieder weist SOS Mitmensch auf die Folgewirkungen einer bereits mehrere hundert Jahre andauernden Geschichte des Rassismus in Österreich hin. Gemeinsam mit antirassistisch aktiven Persönlichkeiten und Gruppen wirkt SOS Mitmensch daran mit, rassistische Begriffe zurückzudrängen und das Wissen um Rassismus zu erhöhen. Im März versendet die Fachgruppe Gastronomie in der Österreichischen Wirtschaftskammer eine E-Mail an ihre Mitgliedsbetriebe. Darin empfiehlt sie, von der Bezeichnung „Mohr im Hemd“ und anderen Speisenamen, die auf einer Geschichte des Rassismus gründen, Abstand zu nehmen. Auslöser war eine Einladung von SOS Mitmensch an die Fachgruppe, eine gemeinsame Kampagne durchzuführen. Dies wurde von der Fachgruppe zwar abgelehnt, einer Einladung in eine Ausstellung über Angelo Soliman, einem österreichischen „Hofmohren“, jedoch Folge geleistet. Der Ausstellungsbesuch setzt einen Umdenkprozess in Gang, der zu der besagten Aussendung der Wirtschaftskammer führt. Die Aussendung schlägt hohe Wellen. Als sich die Kronenzeitung der Sache annimmt, rudert die Wirtschaftskammer zurück.
Zugang zur Lehre für jugendliche Asylsuchende erkämpft, seit 2012
Im Mai 2012 starten SOS Mitmensch, das Integrationshaus und M-Media mit prominenter Unterstützung eine Kampagne für die Gewährung einer Arbeitserlaubnis für Asylsuchende. Kurz darauf öffnet das Sozialministerium den Zugang zur Lehre für jugendliche Asylsuchende bis 18 Jahre. Durch eng gefasste Kriterien und eine zu niedrige Altersgrenze wird jedoch nur einigen wenigen Jugendlichen tatsächlich eine Perspektive eröffnet. Daher setzen SOS Mitmensch und weitere Organisationen die Kampagne fort. Schließlich wird die Lehre für Asylsuchende bis 25 Jahre geöffnet.
Verbesserung der Grundversorgung von Asylsuchenden, 2012
SOS Mitmensch kämpft gemeinsam mit anderen NGOs für Mindeststandards bei der Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden. Im Jahr 2012 wird der Grundversorgungskostenhöchstsatz für die organisierte Unterbringung von AsylwerberInnen angehoben, nachdem der Satz über einen Zeitraum von 8 Jahren nicht valorisiert worden war. Die FlüchtlingsreferentInnen der Bundesländer diskutieren immer wieder einheitliche Mindeststandards, zu einer übergreifenden gesetzlichen Verankerung kommt es jedoch nicht.
Gründung eines unabhängigen Integrations-ExpertInnenrats, 2012
Am 29. Oktober 2012 präsentierte SOS Mitmensch einen unabhängigen ExpertInnenrat für Migrations-, Integrations-, und Gleichstellungsfragen. Gemeinsam mit dem neuen Gremium wird ein alternativer Integrationsbericht vorgestellt. Dieser enthält mehr als hundert Maßnahmenvorschläge für die Verwirklichung von Chancen und Rechten in Österreich sowie für ein Zurückdrängen von Diskriminierung und Unsicherheit. Anlass für die Gründung ist die große Unzufriedenheit mit der von Ängsten, Populismus und mangelnder Umsetzungskraft geprägten Integrationspolitik der Bundesregierung.
Studienabsolventin kann in Österreich bleiben, 2013
SOS Mitmensch startet im Februar 2013 eine Kampagne für den Verbleib von Natalia Z. in Österreich. Ihr 11-jähriger Lebensabschnitt in Österreich sollte, wenn es nach Politik und Behörden ging, jäh zu Ende gehen. Z. hatte in Österreich zwei Studien absolviert, sich Jobangebote erarbeitet und ein neues Leben aufgebaut, doch ihr weiterer Aufenthalt scheiterte an den vollkommen unrealistischen Kriterien zur Erlangung einer Rot-Weiß-Rot-Karte. Dank der Kampagne von SOS Mitmensch und der Unterstützung einer empörten Öffentlichkeit findet Natalia Z. in letzter Sekunde einen Arbeitgeber, der bereit ist, die vom Staat vorgegeben Kriterien zu erfüllen. Natalia Z. kann in Österreich bleiben.
Hier aufgewachsener junger Mann kann österreichischer Staatsbürger werden, 2013
Österreich betreibt seit Jahren eine radikale Nichteinbürgerungspolitik. Die Einbürgerungsrate sank durch Gesetzesverschärfungen, die unter der ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2005 beschlossen wurden, drastisch um mehr als 80 Prozent. Auch danach erholte sie sich kaum und stagniert bei 0,7 Prozent. Das heißt, von 150 Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft wird pro Jahr nur eine einzige Person eingebürgert. Die Folge: Eine stetig wachsende Anzahl an Menschen in Österreich ist von grundlegenden demokratischen Rechten, wie etwa dem Wahlrecht, ausgeschlossen. Es droht eine nachhaltige Schwächung unserer Demokratie. Diese Politik der Nichteinbürgerung zieht darüber hinaus eine scharfe soziale Trennlinie durch Österreich. Wer nicht über genügend Geld verfügt, hat keine Chance auf einen österreichischen Pass. Vielen ArbeiterInnen, Teilzeitbeschäftigten, Alleinerziehenden, unentgeltlich Tätigen und Menschen in Ausbildung wird auf diese Weise die Anerkennung als vollwertige BürgerInnen verwehrt. Stellvertretend für diese krasse Ungerechtigkeit steht der Fall des 22-jährigen Mario K.. Trotz fast 20 Jahren Aufenthalt in Österreich war ihm die Einbürgerung aufgrund seines zu niedrigen Einkommens verwehrt worden. K. wandte sich Hilfe suchend an SOS Mitmensch. Durch eine massive Protestkampagne gelingt es, einen Gesetzespassus zu erwirken, der dem jungen Mann und einigen anderen die Türe zur Einbürgerung öffnet. Doch viele andere, die ebenfalls schon 10, 15, 20 oder noch mehr Jahre in Österreich leben, haben weiterhin keine Chance auf die Staatsbürgerschaft.
Drei wichtige Wahlen 2013, 2015, 2017
Fünf Tage vor der Nationalratswahl 2013 findet die erste „Pass Egal Wahl“ statt. Es handelt sich um eine von SOS Mitmensch ins Leben gerufene symbolische Wahl für all jene, denen das Wahlrecht vorenthalten wird, obwohl sie ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben. An der ersten österreichische Pass Egal Wahl nehmen mehr als 500 Menschen mit Pässen aus 66 Ländern teil. Viele davon hatten zum ersten Mal in ihrem Leben die, wenn auch nur symbolische, Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben. Fünf Tage vor der Wiener Wahl 2015 hält SOS Mitmensch erneut eine Pass Egal Wahl ab. Zwischenzeitlich bildete sich eine mehr als 200 Meter lange Schlange vor dem Wahllokal beim Wiener Rathaus. Innerhalb von nur 5 Stunden geben 1.223 Wienerinnen und Wiener ohne österreichischen Pass ihre Stimme ab. Hinzu kommen mehr als 200 Solidaritätsstimmen von ÖsterreicherInnen. Der Ansturm ist so groß, dass das Wahllokal erst mit mehr als einer halben Stunde Verspätung geschlossen werden kann. Fünf Tage vor der Nationalratswahl 2017 findet die dritte Pass Egal Wahl statt, dank Kooperationspartnern in den Bundesländern gibt es erstmals auch Wahllokale in Linz, Graz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt. Es gibt einen neuen Beteiligungsrekord. Fast 1.900 Menschen ohne österreichischen Pass geben ihre Stimme ab. Hinzu kommen hunderte Solidaritätsstimmen von Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Insgesamt beteiligen sich Menschen mit Pässen von mehr als 70 Ländern von allen Kontinenten dieser Erde.
Keine Ämter für Rassisten und Hetzer, 2014
Ende Jänner 2014 übt SOS Mitmensch scharfe Kritik an Aussagen des deutschnationalen, schlagenden Burschenschafters und FPÖ-Funktionärs Maximilian Krauss. Dieser hatte in einer Aussendung mittels Falschbehauptungen gegen Türken gehetzt. SOS Mitmensch bringt eine Anzeige wegen des Verdachts der Verhetzung bei der Staatsanwaltschaft ein. Diese stellte jedoch – ohne Angabe von Gründen - das Verfahren gegen Krauss ein. Nur wenige Monate später versucht die FPÖ Krauss als Vizepräsidenten des Wiener Stadtschulrats zu installieren. SOS Mitmensch protestiert scharf gegen den Versuch, jemanden, der Hass gegen MuslimInnen und MigrantInnen schürt, in dieses Amt zu befördern. Die Proteste sind erfolgreich. Krauss wird vom zuständigen Bürgermeister Michael Häupl nicht ins Amt bestellt. Ebenso erfolgreich sind die Proteste von SOS Mitmensch gegen die Kandidatur von Andreas Mölzer für die Funktion als EU-Abgeordneter. Mölzer hatte im Wahlkampf die EU mit dem „Dritten Reich“ verglichen und ein rassistisches Statement gemacht. Im Vergleich zur „EU-Diktatur" sei „das Dritte Reich wahrscheinlich formlos und liberal" gewesen, so Mölzer. Er verwendete darüber hinaus den Begriff „Negerkonglomerat“ als abwertende Bezeichnung für Europa. Aufgrund der Recherchen von SOS Mitmensch wird bekannt, dass in Mölzers Magazin „Zur Zeit“ über David Alaba und seine Eltern ein gehässiger rassistischer Artikel verfasst wurde. Mehr als 23.000 Menschen unterzeichneten binnen weniger Tage eine Anzeige, die der Schriftsteller Michael Köhlmeier mit Unterstützung von SOS Mitmensch gegen Mölzer wegen des Verdachts der Verhetzung einbringt. Zwar erhebt die Staatsanwaltschaft keine Anklage, aber Mölzer muss seine Kandidatur zurückziehen.
SOS Mitmensch erhält Preis für Menschenrechtsarbeit 2014
Für seine Menschenrechtsarbeit erhält SOS Mitmensch 2014 im Rahmen der Eröffnungsfeier der von BUM Media veranstalteten vierten Wiener Integrationswoche zwei „MigAwards“. Die Preise werden in den Kategorien „Projekt des Jahres“ sowie „Persönlichkeit des Jahres“ an SOS Mitmensch vergeben. Als „Projekt des Jahres“ wird die von SOS Mitmensch veranstaltete „Pass Egal Wahl“ ausgezeichnet. Zur „Persönlichkeit des Jahres“ wählt die aus mehr als 300 MigrantInnen bestehende Jury SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak.
Integration von Anfang an, 2014
Ende Jänner 2014 präsentiert SOS Mitmensch gemeinsam mit dem 24-köpfigen Alternativen Integrations-ExpertInnenrat eine Analyse des Regierungsprogramms hinsichtlich der darin enthaltenen Integrationsmaßnahmen. Fazit: Im Regierungsprogramm von SPÖ und ÖVP fehlen wesentliche Zukunftsimpulse für den Integrationsbereich. Von den 125 Lösungsvorschlägen, die der Alternative Integrations-ExpertInnenrat im Herbst 2012 präsentiert hatte, werden im Regierungsprogramm weniger als 10 Prozent berücksichtigt. Einige Bundesländer haben inzwischen jedoch den mehrfach eingeforderten Ansatz aufgenommen nicht nur für Asyl- und Schutzberechtigte, sondern auch für Asylsuchende Sprach- und Beschäftigungsprogramme anzubieten, wenn auch noch nicht in ausreichendem Ausmaß.
Symbolischer Aufhebungserlass zum Arbeitsverbot für Asylsuchende lanciert, 2014
Am 22. Oktober 2014 lanciert SOS Mitmensch einen Gegenerlass zum weitgehenden Arbeitsverbot für Asylsuchende. Unterstützt wird der Aufhebungserlass von zahlreichen Prominenten, wie Franz Klammer, Hubert von Goisern, Katharina Stemberger, Manfred Nowak, Elfriede Jelinek, Cornelius Obonya, Arabella Kiesbauer, Florian Scheuba, Christian Köck, Vea Kaiser, oder Heini Staudinger. Der Erlass wird innerhalb von drei Wochen von mehr als 17.000 Menschen unterschrieben. Namhafte PolitikerInnen von SPÖ und ÖVP, die Volksanwaltschaft sowie die Sozialpartnerorganisationen sprechen sich im Anschluss dafür aus, Asylsuchende nicht länger für die gesamte Dauer ihres Verfahrens von unselbständiger Beschäftigung auszuschließen. Sozialminister Rudolf Hundstorfer kündigt an, eine Studie zum Arbeitsmarktzugang von Asylsuchenden in Auftrag zu geben. Doch dann wird die Studie plötzlich für Wochen unter Verschluss gehalten. SOS Mitmensch übt erfolgreich Druck auf den Sozialminister aus, die Studie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Studie zeigt, dass das jetzige System des weitgehenden Arbeitsverbots erhebliche integrations- und sozialpolitische Nachteile mit sich bringt. Erschreckend ist, dass insbesondere Frauen durch das jetzige System des weitgehenden Arbeitsverbotes massiv benachteiligt werden. Eine Aufhebung des weitgehenden Arbeitsverbots steht jedoch nach wie vor aus.
Bleiberechtsverbesserung, 2014
Aufgrund des permanenten Drucks der Zivilgesellschaft wird von Regierung und Parlament eine Erleichterung beim Zugang zum Bleiberecht beschlossen. Nach einem 5-jährigen durchgängigen Aufenthalt in Österreich (mindestens drei Jahre davon rechtmäßig) kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Aufenthaltstitel verfügt werden, auch wenn bereits ein aufenthaltsbeendendes Verfahren läuft.
Kampf gegen politische Hetze, 2015
Im Juni 2015 kündigt die Wiener FPÖ eine Kundgebung vor einem Asylquartier in Wien Erdberg an. Mit Schildern, auf denen „Nein zum Asylantenheim“ steht, will die FPÖ direkt beim Asylquartier gegen Asylsuchende aufhetzen. Eine Gegenkundgebung wird angemeldet, muss jedoch Abstand halten. Daher entschließt sich SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak zu einer Aktion, die für viel Aufsehen sorgt. Er stellt sich als Einzelperson mit einem Schild auf dem „Asylsuchende herzlich willkommen – gerne auch in meiner Umgebung“ steht, zur FPÖ-Kundgebung dazu und sorgt damit bei den anwesenden FPÖ-VertreterInnen für Verwirrung und bringt eine Gegenposition zur Hetze der FPÖ ins Bild. Kurz darauf unterstützt SOS Mitmensch BürgerInnen, die bei der Asylunterkunft in Wien Erdberg eine Willkommensaktion für die dort lebenden geflüchteten Menschen abhalten.
Kampf gegen mediale Hetze, 2016
Seit der Gründung kämpft SOS Mitmensch unermüdlich gegen die Verbreitung von Hetze und Falschinformationen. Im April 2016 kritisiert SOS Mitmensch Falschinformationen der Kronenzeitung zum Thema Einbürgerung von Geflüchteten. Mit irreführenden Angaben vermittelt die Krone ihrer Leserschaft den Eindruck, nahezu alle Asylberechtigten würden nach 6 Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Davon ist Österreich mit seinen restriktiven Einbürgerungsbestimmungen jedoch meilenweit entfernt. Kurz darauf veröffentlicht die Krone in ihrer Online-Ausgabe eine manipulative Grafik zu Sozialhilfeleistungen. Die Grafik ist genau dort abgeschnitten, wo es um den Anteil an Menschen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die Sozialhilfeleistungen beziehen, geht. SOS Mitmensch ergänzt daraufhin die Grafik und veröffentlicht die nun korrekte Darstellung. Mehr als 600.000 Menschen rufen die von SOS Mitmensch korrigierte Grafik auf Facebook ab. Einer der seltenen Fälle, wo eine Richtigstellung mehr Menschen erreicht als die ursprüngliche Falschinformation.
Verbesserung bei der Rot-Weiß-Rot-Karte 2016
Nachdem sich SOS Mitmensch bereits seit Jahren für ein realistisches und besser zugängliches Rot-Weiß-Rot-Karten-System einsetzt, greift die Bundesregierung 2016 einen Teil der Anregungen auf und erarbeitete einen Gesetzesentwurf. In einer Stellungnahme begrüßt SOS Mitmensch die punktuellen Verbesserungen, übt jedoch zugleich Kritik am Weiterbestehen zahlreicher unrealistisch hoher Hürden für die Erlangung der Karte.
Anleitung gegen Hass und Hetze im Netz 2016
Zur Abwehr von Hass und Hetze im Netz veröffentlicht SOS Mitmensch im Sommer 2016 einen Online-Ratgeber mit Informationen, wie man sich gegen Hasskommentare im Netz wehren kann. Der Ratgeber wird zigtausendfach abgerufen. Kurz darauf richtet die Bundesregierung die Stelle „Counteract“ ein: https://beratungsstelle.counteract.or.at/meldeformuar/
Anregung zu Hilfe für Geflüchtete, seit 2015
Nach der Aufnahme von knapp 90.000 Asylsuchenden im Jahr 2015 und einem enormen Ausmaß an Hilfsbereitschaft vieler Menschen, wirkt SOS Mitmensch daran mit, dass sich die Hilfsbereitschaft auch weiterhin fortsetzt. Dazu wird eine Kampagne zur ehrenamtlichen Hilfe für Asylsuchende und Flüchtlinge gestartet und eine Info-Webseite erstellt, die von zigtausenden Menschen besucht wird. Darüber hinaus startet SOS Mitmensch die Kampagne „Warum ich helfe“ und veröffentlicht zahlreiche Porträts von Menschen, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren und die zum Engagement ermutigen.
Kein Inkrafttreten der Notstandsverordnung, 2016
Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen und MenschenrechtsvertreterInnen macht sich SOS Mitmensch gegen eine menschenrechtswidrige Asyl-Obergrenze und gegen die Erklärung von Österreich zum Notstandsland stark. Dem Aufruf, ein persönliches Schreiben an die Bundesregierung zu schicken, folgen hunderte Menschen. Mehr als 4.400 Menschen schließen sich der Begutachtungs-Stellungnahme von SOS Mitmensch zur Notstandsverordnung an. Es gelingt, zu verhindern, dass Österreich im Jahr 2016 zum Notstandsland erklärt wird und Notstandsbestimmungen in Kraft treten.
Rückhalt für Bundesländer, die keine Kürzung der Mindestsicherung vornehmen, seit 2016
SOS Mitmensch setzt sich vehement gegen die Kürzung der Mindestsicherung ein. Eine Info-Webseite mit 20 Fragen und Antworten zur bedarfsorientierten Mindestsicherung wird veröffentlicht. In Oberösterreich, Niederösterreich und Wien finden Plakat-Aktionen statt. Eine Demonstration in Linz wird von SOS Mitmensch unterstützt. Kurz vor dem Mindestsicherungskürzungsbeschluss im oberösterreichischen Landtag überreicht SOS Mitmensch eine Petition mit knapp 7.000 Unterschriften an den Landtagspräsidenten. Unmittelbar vor dem Mindestsicherungskürzungsbeschluss im niederösterreichischen Landtag wird in einer spektakulären Aktion der Spruch "Nehmen Sie den Ärmsten nicht das letzte Hemd, Herr Pröll!“ auf den Regierungssitz des Landeshauptmanns projiziert. Im Herbst 2016 geht auf der Webseite von SOS Mitmensch ein Live-Einkommenszähler online, der zeigt, wie weit Regierungsmitglieder und MindestsicherungsbezieherInnen finanziell auseinander liegen und wie gravierend sich Mindestsicherungskürzungen auf das verfügbare Geld für Betroffene auswirken. Die Kampagne von SOS Mitmensch gegen Mindestsicherungskürzungen kann den unsolidarischen Vorstoß von Oberösterreich und Niederösterreich, dem weitere Bundesländer in unterschiedlicher Intensität folgen, nicht verhindern. Es gelingt jedoch, jenen Bundesländern Rückhalt zu geben, die bis heute keine Kürzung der Mindestsicherung durchgeführt haben.
Wahlmunterkeitskampagne und Wahlsieg von Alexander Van der Bellen, 2016
Anlässlich der Bundespräsidentenwahl 2016 kämpft SOS Mitmensch mit einer von prominenten Persönlichkeiten getragenen Video-Kampagne für „Wahlmunterkeit“. Dank dieser und vieler weiterer Mobilisierungsinitiativen gelingt es, zu einer breiten Beteiligung an der Bundespräsidentenwahl anzuregen: SOS Mitmensch zeigt darüber hinaus die Nähe von Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer zu rechtsextremen Kreisen, die Holocaust-Überlebende verunglimpfen, auf: Der Vertreter der extremen Rechten verliert die Wahl. Alexander Van der Bellen wird Bundespräsident.
Massive Einschränkung der Versammlungsfreiheit verhindert, 2017
SOS Mitmensch sammelt im Frühjahr 2017 fast 20.000 Protestunterschriften gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Der Protest von SOS Mitmensch und anderen Organisationen zeigt Wirkung. Innenminister Sobotka kann nur Teile seiner geplanten massiven Einschränkung der Versammlungsfreiheit durchbringen. Die Auswirkungen der Verengung des wichtigen Grundrechts sind dennoch spürbar.
IntegrationsexpertInnen formieren sich erneut, 2017
Seit April 2017 ist die Webseite http://integrationsexpertinnen.at/ online. Auf der Webseite werden Lösungsansätze für eine wirkungsvolle Integrationspolitik gesammelt. Es handelt sich um ein Folgeprojekt des von unabhängigen Integrations-ExpertInnen präsentierten „Zehn-Punkte-Papier für ein wirkungsvolles Inklusions- und Integrationsgesetz“. Die Webseite ist ein Wissenspool für alle, die sich mit Integration beschäftigen.
Aufrüttelnde Studien zum Bildungszugang von Asylsuchenden 2017
Eine Recherche von SOS Mitmensch zu Deutschkursangeboten für Asylsuchende fördert frappierende Unterschiede zwischen den Bundesländern zu Tage. SOS Mitmensch fordert Verbesserungen in den Bundesländern und eine Initiative der Bundesregierung für ein flächendeckendes Deutschkursangebot für Asylsuchende. Darüber hinaus fördert eine Erhebung von SOS Mitmensch zahlreiche Lücken und Hürden beim Bildungszugang von jungen Asylsuchenden zutage. Problematisch ist nicht nur der Ausschluss von Asylsuchenden von der Ausbildungspflicht, sondern auch fehlende Bildungsplätze, Wartezeiten, abgelegene Quartiere und Einschränkungen beim Zugang zur Lehre. Die Recherchen von SOS Mitmensch sorgen für Aufsehen und für Unruhe in einigen Bundesländern, während andere Bundesländer, die auf flächendeckende Sprach- und Bildungsangebote setzen, Rückenwind für ihre Arbeit spüren.
Weltweit erste Populistenpause, 2017
Als Folge der Präsidentschaftswahlen in Österreich und der Wahl von Donald Trump in den USA ruft SOS Mitmensch Anfang 2017 zu einer einmonatigen Populistenpause auf. Vom 1. bis 31. März sollen die Menschen der populistischen und extremen Rechten in sozialen Netzwerken keine öffentliche Aufmerksamkeit zukommen lassen. Die Populistenpause hat spürbare Auswirkungen. Viele machen mit und verzichten im März weitgehend darauf, den rechten Provokateuren ihre Empörung zu schenken. Die Aufmerksamkeit für Populisten und Extremisten in sozialen Netzwerken geht spürbar zurück, wenn auch nicht auf null. Die Populistenpause zeigt, dass ein totales Ignorieren von Populisten und Extremisten weder möglich noch sinnvoll ist. Sehr wohl möglich und dringend geboten sind jedoch mehr Bedachtsamkeit und Klugheit im Umgang mit ihrer Aufmerksamkeitsmaschinerie.
Aufklärung über Verstrickung der FPÖ-Parteiführung in neonazinahe Kreise, 2017
Im September 2017 veröffentlicht SOS Mitmensch Recherchen über das System der gegenseitigen Förderung von FPÖ-Spitze und neonazinahe Kreise. Das Recherchedossier wird auf der Webseite von SOS Mitmensch 11.000 Mal abgerufen. Zahlreiche Medien verschweigen die Rechercheergebnisse jedoch. Die rechtsextreme Durchsetzung der FPÖ-Parteiführung wird insbesondere von auflagenstarken Medien zu einem Tabuthema gemacht. Ende Oktober veröffentlicht SOS Mitmensch Videobotschaften der Holocaustüberlebenden Rudolf Gelbard und Helga Feldner, die appellieren, keine Rechtsextremen in die Regierung zu holen. Die Videobotschaften werden fast 200.000 Mal abgerufen. Am 15. November 2017 bilden 10.000 Menschen auf Initiative von SOS Mitmensch und anderer Organisationen eine Lichterkette rund um das Regierungsviertel in Wien, um Ministerien vor der Übernahme durch Rechtsextreme zu schützen. Ende November 2017 veröffentlicht SOS Mitmensch ein weiteres Recherchedossier mit 125 konkreten Fakten zu den rechtsextremen Verstrickungen von 36 Führungskräften der FPÖ. Das Dossier wird fast 15.000 Mal abgerufen. Mehr als 16.000 Menschen schicken ein Protestmail an ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
SOS Mitmensch feiert 25 Jahre! - Matinee im Burgtheater am Sonntag, 21. Jänner 2018 um 11.00 Uhr
Vor 25 Jahren fand das Lichtermeer am Heldenplatz statt - 300.000 Menschen gingen gegen das Anti-Ausländer Volksbegehren auf die Straße. Zivilcourage ist nach wie vor ein wesentlicher Motor für ein menschenwürdiges Leben. Im Rahmen der Matinee wird sie hochgehalten und gleichzeitig befeuert durch Gespräche mit außergewöhnlichen Persönlichkeiten und Auftritten von renommierten KünstlerInnen sowie durch die Verleihung des Zivilcourage-Preises von SOS Mitmensch.
Programm
mit Maschek, MoZuluArt, Elisabeth Orth, Christoph und Lollo, Stefanie Sargnagel, Dirk Stermann
Gespräche mit Pfarrer Pucher, Ramazan Demir, Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg, Elias Bierdel, Angela Magenheimer
Moderation: Zeynep Buyrac
Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen wird Eröffnungsworte sprechen.
Ausklang mit Sekt und Torte im großen Pausenfoyer.
Karten
Restkarten an allen Burgtheaterkassen oder über www.burgtheater.at
Karten zu 7,– /5,– Euro.
Jubiläumsspende
Der Kartenpreis ist dank des Burgtheaters sehr günstig. Sie können den Eintritt mit einer Jubiläumsspende auf das Konto von SOS Mitmensch ergänzen und dadurch unsere Menschenrechtsarbeit bekräftigen – diese finanziert sich ausschließlich durch private Spenden.
IBAN: AT87 6000 0000 9100 0590
BIC: BAWAATWW
www.sicherspenden.at/sosmitmensch
Zahlungsreferenz „Jubiläumsspende“
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